Dr. Andreas Bastin, CEO der Masterflex Group, im Gespräch mit der Redaktion von MFGconnect, der Mitarbeiter-App der Masterflex Group, zur aktuellen Lage.
Nach unserer Einschätzung haben wir, Stand heute, im 2. Quartal den Tiefpunkt gesehen, auch wenn die Lage insgesamt noch herausfordernd ist. Die jüngsten Daten vom ifo Geschäftsklimaindex, der im September auf 93,4 Punkte gestiegen ist, nach 92,5 Punkten im August, können wir bestätigen. Auch bei der Masterflex Group beurteilen wir die Situation positiver als in den Monaten zuvor. Die Wirtschaft stabilisiert sich zusehends. Eine belastbare quantitative Aussage lässt sich aufgrund der diffusen Pandemielage allerdings schwer treffen.
Nach einer vorübergehenden Stabilisierung der Corona-Fallzahlen ist aktuell ein weiterer Anstieg der Übertragungen in der Bevölkerung zu beobachten. Gerade im europäischen Ausland sind wieder behördlich veranlasste Einschränkungen im öffentlichen Leben zu beobachten. Den Auswirkungen eines erneuten, breit angelegten Lockdowns könnte sich auch die Masterflex Group nicht vollends entziehen, wenngleich wir uns gut positioniert sehen, um auch in einem anspruchsvollen Konjunkturumfeld bestehen zu können. Wir sind in der komfortablen Lage, dass wir mit Blick auf unsere Kundenbranchen und auf unsere regionalen Absatzmärkte krisenfest aufgestellt sind.
Das kann man auf jeden Fall so sagen. Natürlich waren und sind wir spürbar betroffen. Vor allem das zweite Quartal schlug mit einem Umsatzrückgang um 19 Prozent deutlich zu Buche. Bezogen auf das erste Halbjahr 2020 haben wir uns mit einem Rückgang von 10 Prozent insgesamt besser geschlagen als viele andere Firmen. Hier macht sich unsere Branchendiversifikation positiv bemerkbar. Es ist kein Geheimnis, dass gerade die Coronakrise beispielsweise Branchen wie Automobil und Maschinenbau, die sich schon vor der Pandemie im Abschwung befanden, massiv getroffen hat. Hinzu kommt, dass, anders als in früheren Konjunkturkrisen, die Lieferungen an die Luftfahrtindustrie deutlich zurückgegangen sind.
Als Gegenpol dazu konnten einige unserer Geschäftseinheiten von der Pandemie sogar profitieren. Zu nennen sind hier insbesondere die Produktbereiche für die Medizin-, Labor- und Pharmaindustrie. Mit dem wachsenden Geschäft mit Kunden aus der Medizin- und Labortechnik sowie aus der Lebensmittelindustrie konnten wir rückläufiges Geschäft an anderer Stelle kompensieren, im ersten Quartal vollständig, im zweiten aufgrund des massiven konjunkturellen Einbruchs zumindest teilweise. Man kann in diesem Kontext auch nicht genug betonen: Trotz des globalen Wirtschaftseinbruchs war die Masterflex Group sowohl im ersten Halbjahr als auch im besonders von der Covid-19-Krise betroffenen 2. Quartal profitabel. Gleichzeitig ist es uns gelungen, die Liquidität zu steigern und die Nettoverschuldung zu senken. Das ist der schon angesprochenen Fokussierung auf zukunftsstarke Branchen und vor allem dem bereits 2019 begonnenen Optimierungsprogramm zu verdanken.
Was unser „Back to Double Digit“-Programm selbst angeht, sind die Maßnahmen weitgehend abgeschlossen. Also wurden wir gar nicht zurückgeworfen, sondern waren genau genommen der Zeit weit voraus. Wir haben dieses Optimierungsprogramm schon weit vor der aktuellen Pandemie lanciert und konsequent größtenteils schon im vergangenen Jahr umgesetzt.
Die Strukturen, um, wie bereits in der Vergangenheit bewiesen, wieder zu zweistelligen EBIT-Margen zurückzukehren, haben wir schon vor der Pandemie geschaffen. Festzustellen ist, dass sich unsere Kostensituation um mindestens 2,5 Mio. Euro verbessert hat. Das zeigt sich auch bereits in der von Covid-19 beeinträchtigten ersten Jahreshälfte. Die erreichte Stabilisierung unseres Ergebnisses bei diesem schwierigen Umsatzverlauf ist ein direkter Effekt von B2DD. Die Effekte sind Corona bedingt zwar nicht offensichtlich, das bisher Erreichte zeigt aber, was bei wieder anziehenden Umsätzen machbar ist.
Das stimmt mich für die Post-Corona-Phase ausgesprochen zuversichtlich.
Wir haben frühzeitig in der Coronakrise ein hohes Anpassungstempo an den Tag gelegt, um die direkten Auswirkungen aus der Covid-19-Pandemie abzufedern und insbesondere die Sicherheit der Mitarbeiter zu gewährleisten. Diese Umsetzungsdynamik ist ebenfalls ein Ausdruck dessen, was wir unter Operativer Exzellenz verstehen. Konkret haben wir an den deutschen Standorten die Möglichkeit der Kurzarbeit genutzt, was über das B2DD-Programm hinaus zu zusätzlichen Einsparungen bei den Personalkosten geführt hat. Hinzu kommen die deutliche Reduktion bei der Reisetätigkeit und der Wegfall von Messen, was in weiteren Kostensenkungen mündete. Etwas stolz sind wir darauf, dass wir trotz der Verwerfungen keine Impairments innerhalb der immateriellen Vermögenswerte vornehmen und wir keine staatlichen Corona-Hilfskredite in Anspruch nehmen mussten, sondern sogar aus eigener Kraft die Verschuldung zurückführen konnten. Es ist auch in Zukunft keine Inanspruchnahme staatlicher Hilfskredite geplant.
Für das Jahr 2020 bleiben wir in unserer Prognose sehr vorsichtig, gleichzeitig halten wir aber an unserem Ziel fest, bis 2022 wieder eine zweistellige EBIT-Marge zu erreichen. Bei der Umsatzentwicklung ist das Corona-Jahr 2020 wie bei den meisten Unternehmen nur ein temporärer Ausrutscher. Wir sind in den vergangenen zehn Jahren stabil gewachsen, daher bin ich überzeugt, dass wir nach der Pandemie auf den Wachstumspfad zurückkehren werden. Zumal die übergeordneten Markttreiber intakt sind und wir von der Ausrichtung auf Life Science Märkte, also die Medizin- und Labortechnik sowie die Food- und Pharmaindustrie und damit dem jeweiligen Marktwachstum profitieren. In konkreten Zahlen ausgedrückt heißt das für Masterflex, dass wir 2020 mit einem Pandemie bedingten Umsatzminus um 10 bis 15 Prozent sowie mit einem EBIT-Rückgang auf 1,0 bis 2,5 Mio. Euro rechnen. Für 2022 ist eine zweistellige EBIT-Marge das Ziel und 2023/2024 soll die Umsatzmarke von 100 Mio. Euro überschritten werden.
Zu jeder Form von Weichenstellung gehören Einschnitte, die, wenn man die tägliche Presse verfolgt, bei Masterflex im Vergleich zu den Schlüsselindustrien Automobil und Luftfahrt jedoch deutlich moderater ausgefallen sind. Wir haben uns dazu entschieden, die Produktionsstandorte in Frankreich und Tschechien zu schließen und dafür die Fertigung auf die Standorte in Deutschland konzentriert.
Die Verlagerung der ohnehin geringen Produktion in Frankreich kann durch unsere Produktion in Gelsenkirchen, gerade nach Umsetzung unserer produktivitätssteigernden Maßnahmen hier, problemlos gedeckt werden. Die tschechische Produktion war stark auf die Luftfahrtindustrie ausgerichtet, wir mussten hier schlichtweg auf die voraussichtlich längerfristig schwierige Situation in der Luftfahrtindustrie reagieren. Damit tragen wir der Erwartung Rechnung, dass das Luftfahrtgeschäft auch mittelfristig noch spürbar unter dem Vorkrisenniveau bleiben dürfte. Wir rechnen aktuell mit einer Erholung auf 60 bis 70 Prozent des alten Volumens, wofür der Standort in Norderstedt, der zuvor vor allem bei der Personalverfügbarkeit an seine Kapazitätsgrenze stieß, nun ausreicht. Insgesamt nutzen wir mit diesen Maßnahmen verstärkt Synergien.
Als Vertriebsniederlassungen bleiben beide Standorte jedoch erhalten.
An der Konjunktur können wir im Zweifel nichts ändern, was wir aber tun können beziehungsweise was wir erfolgreich getan haben, ist, die Gruppe strategisch so zu positionieren, dass konjunkturelle Schwankungen beherrschbar sind. Wir sind gut vorbereitet und sowohl regional sehr gut aufgestellt als auch innerhalb der verschiedenen Märkte, die wir mit unseren Produkten bedienen. Mit Blick auf die Konjunktursensitivität sind wir in den einzelnen Zielmärkten gut positioniert, denn diese folgen unterschiedlichen konjunkturellen Abhängigkeiten und Zyklen.
In der Medizintechnik, der Labortechnik oder in der Lebensmittelindustrie unterliegt man anderen Gesetzmäßigkeiten als in der Luftfahrt oder der klassischen Industrie. Jede Zielbranche hat ihren Zyklus, wird aber zeitlich und intensitätsmäßig unterschiedlich getroffen. Gleichzeitig sind wir nicht von einzelnen Großkunden abhängig, sodass wir auch innerhalb der Kundensegmente breit diversifiziert sind. Unser umgesetztes Optimierungsprogramm B2DD und die damit verbundene Operative Exzellenz sorgen zusätzlich dafür, dass wir auf der Kostenseite genügend Luft haben.
Unser China-Geschäft war vor allem im ersten Quartal stark betroffen. Hier hatten wir rund vier Wochen Stillstand. Tatsächlich verzeichnen wir eine kräftigen Erholung in China, was auch auf Nachholeffekte zurückzuführen ist. Vor allem aus der dortigen Windkraftindustrie kommt eine hohe Nachfrage. Die China-Produktion läuft daher längst wieder mit guter Auslastung.
Europa war regional gesehen im zweiten Quartal am stärksten beeinträchtigt. Aber auch hier sehen wir leichte Erholungstendenzen, wenngleich leider noch nicht in dem Maße wie beispielsweise in China. Inwiefern und vor allem wann sich hier deutlichere Nachholeffekte einstellen, ist schwer zu sagen.
In Amerika, wo wir bisher auf Vorjahresniveau lagen, erwarten wir in Q3 einen temporären pandemiebedingten Rückgang des Geschäftes. Diese zeitlich versetzten Entwicklungen zeigen, wie wichtig unsere internationale Positionierung ist, um externen Krisen wie die Corona-Pandemie abzufedern.
Das kann man klar so sagen. Mit unseren hochspeziellen Schlauch- und Verbindungslösungen liefern wir zum Teil Schlüsselkomponenten, beispielsweise für die moderne und effiziente Beatmungs- und Anästhesie-Versorgung, auch von Covid-19-Patienten. Weitere, insbesondere medizinische Notfallversorgungsbereiche von der Angiographie, über die Endoskopie und Dialyse, bis zur Urologie und Zahnmedizin werden mit Schläuchen, Konnektoren und speziell konfektionierten Verbindungslösungen bedient.
Natürlich gibt es auch einige Medizinanwendungen, die auf Grund der Covid-19-Pandemie, nicht so gefragt sind. Allen voran sind dies die Bereiche rund um medizinische Wahlleistungen, wie beispielsweise Zahnersatz- oder Augen-OP-Anwendungen. Hier erwarten wir zudem deutliche Nachholeffekte, sobald die Pandemieauswirkungen und vor allem das Ansteckungsrisiko in den medizinischen Einrichtungen eliminiert werden kann.
Neben der von Ihnen sogenannten „reinen Medizintechnik“ bedienen wir weitere Märkte, die von der Pandemie profitieren oder zumindest nicht negativ getroffen sind. Hierzu zählen innerhalb der Masterflex Group vor allem unsere Schläuche und Verbindungslösungen für Anwendungen in der Labor- und Biotechnikindustrie sowie für Food- und Pharmakunden. All diese Bereiche, die wir zukünftig unter dem Marktbegriff „Life Science“ zusammenfassen wollen, stärken wir übrigens schon länger, ganz unabhängig von der aktuellen Covid-19-Pandemie. So konnten wir schon in den vergangenen Jahren unseren Geschäftsanteil für die Life Science Märkte durch gezielte Produkt- und Lösungsentwicklungen sowie durch stetig ausgebaute Vertriebs- und Engineering-Aktivitäten deutlich steigern.
Als Vorstand kommentiere ich den eigenen Börsenkurs nur ungern. Was wir als Vorstand vom aktuellen Kurs halten, haben wir bereits Anfang dieses Jahres dokumentiert. Mein Vorstandskollege Mark Becks und ich haben zum Jahresanfang eine beträchtliche Summe eigenen Geldes in Masterflex investiert. Von diesem Investment sind wir mehr denn je überzeugt. Wir sehen das als ein Investment in einen absoluten Technologieführer für Hightech-Schläuche und Verbindungssysteme mit starken Marken, einem breit gefächerten und damit mit Blick auf die Konjunktur gut ausbalancierten Kundenzugang vom traditionellen Maschinenbau über die Industrie bis hin zu Medizintechnik bzw. Lifesciences.
Hinsichtlich Diversifikation, internationaler Präsenz, bilanzieller Qualität und Margenperspektive steht Masterflex besser da, denn je. Und das bei einer annähernden Umsatzverdopplung in den letzten zehn Jahren. Unser Engagement drückt damit klar unsere Erwartung für die Zukunft aus. Den Rest erledigt früher oder später der Markt.
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